Im Zeitalter digitaler Transformation suchen auch gemeinnützige Organisationen (NROs) nach innovativen Wegen, um die Herausforderungen des Fundraisings zu meistern. Eine vielversprechende Methode ist die Einführung von tokenisierten Geschäftsmodellen. Tokens können als digitale Repräsentation von Eigentum oder Wert genutzt werden.
Was ist ein Token? Ein Token bezeichnet einen Vermögenswert oder Wirtschaftsgut in der Blockchain. Sie sind elementare Bausteine für Handlungen mit Kryptowerten.
Token können weit mehr als nur eine symbolische Bedeutung haben. Sie könnten konkrete Projektphasen wie Forschung, Umsetzung und Monitoring repräsentieren. Durch intelligente Verträge auf der Blockchain können Spenden automatisch freigegeben werden, wenn bestimmte, vorab definierte Meilensteine erreicht werden – soweit die Theorie welche ich im Rahmen meiner Master Thesis an der Berner Fachhochschule BFH durchführte.
Die Idee dahinter: Durch Token basierte Geschäftsmodelle werden Transparenz und Effizienz maximiert, was sowohl für Spender:Innen als auch für NGOs vorteilhaft ist.
Denn langfristig stellt sich die Frage, wie NROs die zunehmend schwieriger werdenden Möglichkeiten der Mittelbeschaffung nutzen können, indem sie allenfalls neue Technologien wie Blockchain-basierte tokenisierte Geschäftsmodelle einsetzen.
Neues Fundraising: Wie NGOs ihr Fundraising mit Tokens revolutionieren
NGOs können Token-basiertes Fundraising nutzen, um ihre Fundraising-Bemühungen in einem sich ständig verändernden und wettbewerbsorientierten Spendenumfeld zu verbessern.
Token sind eigentlich wie Panini-Bilder von berühmten Fussballspielern, die nicht nur Sammlerwert haben, sondern auch eine Geschichte erzählen – stell Dir vor Du hast das Paninini Bild von Roberto Baggio von der WM in Italien. Heute Sammlerwert und gemeinsam mit den anderen Bildern im Album repräsentieren sie den Wert der italienischen Fussballmanschaft und erzählen eine geschichte. Tokens sind das virtuelle Gegenstück zu Panini Bildern. Sie repräsentieren eine finanzielle Abbildung für bestimmte Projekte oder Meilensteine innerhalb der NGO Projekte. Man könnte sich ein Token vorstellen, das den Wert einer bestimmten Spende für ein Umweltschutzprojekt darstellt oder das einer Phase wie der Bau eines Spitals oder die Lancierung eines Schul-Netzwerks.
Das Interessante ist die Möglichkeit, den Wert dieser “digitalen Panini-Bilder” zu steigern, je mehr die jeweilige NGO erreicht. Zum Beispiel könnte der Wert eines Tokens, das ursprünglich für den Schutz eines bestimmten Waldgebiets erworben wurde, steigen, wenn die NGO erfolgreich eine Abholzung verhindert.
Utility Tokens und Security Tokens sind die zwei Haupttypen von Tokens, die im Rahmen dieses Fundraising-Modells verwendet werden. Utility Tokens gewähren Zugang zu einem bestimmten Service oder Produkt, während Security Tokens eine Art von finanzieller Beteiligung an einem Unternehmen oder Projekt repräsentieren.
Die Methode ein Fundraising über Tokens zu “digitalisieren” ist besonders attraktiv, weil sie oft schneller und flexibler ist. Allerdings ist es wichtig, die regulatorischen Rahmenbedingungen genau zu verstehen, da das Feld noch neu und limitiert reguliert ist.
Wie funktioniert token-basiertes fundraising konkret?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie NGOs Token-basiertes Fundraising nutzen können. Hier sind einige Beispiele:
- Tokenisierung von Projektspenden: NGOs können ihre Spenden in Token umwandeln (Tokens als Teilhaberschaft am Projekt).
- Tokenisierung von Vermögenswerten: NGOs können ihre Vermögenswerte wie Immobilien oder Kunstwerke in Token umwandeln und können dann die Tokens als Besitz des Vermögenswerts verwenden.
- Tokenisierung von Dienstleistungen: NGOs können ihre Dienstleistungen in Token umwandeln und dann die Tokens als Nutzungsrecht für den digitalen Service der NGO verwenden.
Wie kann eine blockchain die arbeit von ngos verbessern
Die Blockchain-Technologie kann NGOs auf verschiedene Weise helfen, ihre Arbeit zu verbessern. Folgende Auflistung soll nur einen kleinen Einblick geben:
- Transparenz: Blockchain-Technologie kann NGOs helfen, Transparenz in ihren Operationen zu schaffen. Durch die Verwendung von Blockchain-Technologie können NGOs alle Spenden, Ausgaben und anderen finanziellen Transaktionen aufzeichnen und allen Interessenten einen klaren und überprüfbaren Einblick in ihre Operationen geben. Dies kann das Vertrauen von Spendern erhöhen und dazu beitragen, mehr Spenden zu sammeln.
- Effizienz: NGOs können auch von der Effizienz profitieren, die Blockchain-Technologie bieten kann. Durch die Verwendung von Smart Contracts können NGOs bestimmte Prozesse automatisieren und Verwaltungsaufgaben reduzieren. Zum Beispiel können sie die Verteilung von Hilfsgütern automatisieren und sicherstellen, dass Gelder nur freigegeben werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
- Vertrauen: Blockchain-Technologie kann auch dazu beitragen, das Vertrauen in NGOs zu stärken. Spender können ihre Spenden jederzeit verfolgen und überprüfen, dass ihr Geld für den vorgesehenen Zweck verwendet wird. Dies kann das Vertrauen in NGOs erhöhen und dazu beitragen, mehr Spenden zu sammeln.
- Skalierbarkeit: Eine der Herausforderungen bei der Verwendung von Blockchain-Technologie für NGOs ist die Skalierbarkeit. Die derzeitige Infrastruktur der meisten Blockchains ist nur in der Lage, eine begrenzte Anzahl von Transaktionen pro Sekunde zu verarbeiten. NGOs müssen daher zusammenarbeiten, um Blockchain-Lösungen zu entwickeln, die skalierbar und auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Insgesamt kann Blockchain-Technologie NGOs helfen, ihre Arbeit zu verbessern, indem sie Transparenz, Effizienz und Vertrauen schafft. NGOs müssen jedoch auch die Herausforderungen berücksichtigen, die mit der Verwendung von Blockchain-Technologie verbunden sind.
Die Implementierung von Blockchain-Technologie in NGOs kann einige Herausforderungen mit sich bringen. Hier sind einige der Herausforderungen, die NGOs bei der Implementierung von Blockchain-Technologie berücksichtigen sollten:
- Komplexität: Blockchain-Technologie kann auch sehr komplex sein und erfordert spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten, um sie effektiv zu implementieren und zu nutzen. NGOs müssen in der Lage sein, qualifizierte Mitarbeiter zu finden oder auszubilden, um die Technologie effektiv zu nutzen.
- Regulierung: Die Regulierung von Blockchain-Technologie ist noch nicht vollständig geklärt, was für NGOs, die die Technologie nutzen möchten, ein Problem darstellen kann. NGOs müssen sicherstellen, dass sie die geltenden Vorschriften einhalten und sich über die rechtlichen Auswirkungen der Nutzung von Blockchain-Technologie informieren.
- Kommunikation: viele Fachbegriffe und zahlreiches noch nicht vorhandenes Wissen kann die Kommunikation eher erschweren und eine Einführung komplexer machen als es ohnehin schon ist. Denn es braucht ein Wissen von Wallets, Cryptowährungen und den technischen Hürden dahinter. Und gerade im Grossspender Markt, also da auch Unternehmen dann Projekte finanzieren ist es technisch eine noch grössere Herausforderung.
Ja, ein tokenbasierte Modell bietet mehrere Vorteile. Erstens sorgt es für Transparenz, weil alle Transaktionen auf einer Blockchain festgehalten werden. Damit weiss jede:r Spender:In oder Unterstützer:In immer genau, wie seine oder ihre Mittel verwendet werden. Zweitens können diese Token sogenannte “Smart Contracts” aktivieren, die gewährleisten, dass gespendete Gelder nur dann freigegeben werden, wenn bestimmte Ziele erreicht sind.
Aber – und hier kommt das grosse ABER: Das Thema ist noch sehr komplex und entwickelt sich ständig weiter, insbesondere im Hinblick auf regulatorische Fragen und die technologische Entwicklung.
Erkenntnisse im Rahmen der Recherche
Die Literaturrecherche erfolgte durch die Überprüfung von Publikationen aus den Jahren 2019 bis 2023. Darüber hinaus wurde über einen Zeitraum von sechs Wochen eine qualitative Untersuchung durchgeführt, um einen Einblick in das Wertversprechen von tokenbasiertem Fundraising zu erhalten. Dazu gehörten Online-Umfragen unter 48 potenziellen Fundraisern und 1:1-Interviews mit 15 Experten, von denen sechs die Umfrage ausfüllten und die übrigen sechs für ein Follow-up kontaktiert wurden. Insgesamt wurden 86 Kontakte zu NRO-Fundraisern gesammelt und auf 15 eingegrenzt. Zwei NGOs lehnten ab, vier füllten die Online-Umfrage aus, und neun wurden für weitere qualitative Erkenntnisse kontaktiert. Die Interviews wurden per Video, Telefon und E-Mail geführt.
Diese Studien und Expertengespräche zeigen, dass sowohl NGOs als auch potenzielle Spender sehr interessiert an diesem Ansatz sind. Aber es bedarf noch einer Menge Aufklärungsarbeit, um alle an Bord zu holen, besonders wegen der technischen Komplexität der Blockchain und Token. Das endgültige Ziel ist, durch diese digitale Innovation mehr Menschen zur aktiven Unterstützung von NGOs zu bewegen und dabei gleichzeitig Transparenz und Effizienz zu erhöhen.
Ist die Zeit schon reif für Tokens im Fundraising?
Nichtregierungsorganisationen suchen immer wieder nach spezifischen Anwendungsfällen in einem hochtechnischen Umfeld, während sie gleichzeitig die Risiken beherrschen und abmildern müssen. Und hier wird die Sache tricky.
Denn erstens ist die technische Komplexität nicht zu unterschätzen. NGOs und ihre Technologiepartner müssen eine gemeinsame Sprache finden, um die erfolgreiche Implementierung von Token-basierten Projekten zu gewährleisten. Diese Diskrepanz im Verständnis kann ein entscheidendes Hindernis darstellen, das nicht nur die Einführung der Technologie, sondern auch die Effektivität des Fundraisings beeinträchtigen kann.
Die zweite Herausforderung liegt in der Kommunikation. Wie vermittelt man die Vorteile und Risiken dieser technologischen Neuerung sowohl intern im Team als auch extern gegenüber Spendern und der Öffentlichkeit? NGOs müssen eine klare und konzentrierte Botschaft haben: Warum sollten Menschen ihre Projekte durch den Kauf von Tokens unterstützen? Was ist der zusätzliche Nutzen im Vergleich zu traditionellen Methoden des Fundraisings?
In den Gesprächen fand ich immer wieder heraus: Technologie- und Beratungspartner sprechen nicht immer dieselbe Sprache, wenn es darum geht, wie diese Ziele gemeinsam erreicht werden können.
Dies bedeutet, dass zwar der Fokus entscheidend ist, insbesondere wenn es um die Kommunikation geht. Die Herausforderung besteht vielleicht jedoch darin, den NGO die Vorteile, die technische Komplexität und die langfristigen Auswirkungen sowohl intern als auch extern zu vermitteln.
Die NGO und auch die befragte Öffentlichkeit wollen jedoch die Einführung und Verwendung von Token verstehen, da beide Seiten zunehmend digital versiert und interessiert sind. NGOs, die sich gut vorbereiten und wissen, wie sie ihre Spender und die Öffentlichkeit darüber aufklären können, was Token sind und wie sie für einen positiven Wandel eingesetzt werden können, werden erfolgreich sein.
Wie kann ein Token basiertes Fundraising für NGO erfolgreich sein?
Die Nutzenbotschaft sollte klar und konzentriert sein. Warum sollte jemand eine Sache mit einer Wertmarke unterstützen? Welchen zusätzlichen Nutzen bringt es für das, was wir zu erreichen versuchen? Gute Beispiele mit einfachen technischen Mitteln und Methoden sind notwendig, um Fortschritte zu erzielen.
Insgesamt gibt es derzeit leider noch zu wenige NGO, die erfolgreich Token-Projekte in ihr Fundraising-Modell integriert haben. Aus Erfolgen und Fehlern zu lernen, wird es allen NROs ermöglichen, einen effektiveren Ansatz zu entwickeln.
Was wir für die Zukunft lernen können
Was klar ist: es braucht Leuchtturm Projekte. Der Aufbau effektiver Partnerschaften zwischen Technologie- und Beratungspartnern ist entscheidend für die Abstimmung von Zielen und die Überwindung von Sprachbarrieren bei der Implementierung von Token.
Da die Menschen und Organisationen langfristig immer versierter im Umgang mit digitalen Medien werden und sich für die Implementierung von Token interessieren, müssen Nichtregierungsorganisationen ihre Spender und die Öffentlichkeit proaktiv über den Zweck und die potenziellen Auswirkungen des Token-basierten Fundraisings aufklären und mit ihnen kommunizieren.
Token-basiertes Fundraising stellt eine mögliche revolutionäre Verschiebung in der Art und Weise dar, wie Unternehmen und Projekte finanziert werden können.