Warum sich Chief Digital Officers selbst abschaffen müssen

Die Bezeichnung Chief Digital Officer kurz CDO ist unterdessen keine neue Berufsbezeichnung mehr. Das war 2017 als dieser Artikel im Rahmen des KMU Magazines erschien noch etwas anders.

Heute haben auch die Calida, Sanofi, die UPC, Adecco, BOSCH und sogar die Stadt Winterthur einen Chief Digital Officer.

Was blieb gleich für den Chief Digital Officer (CDO)?

Der oder die CDO oder Sie sind für die Digitalisierungsprozesse und Strategien im Unternehmen zuständig. Der CDO kümmert sich um die digitale Transformation im Unternehmen und bemüht sich, dass alle Mitarbeiter mitziehen. In der Schweiz erstmals erwähnt 2014 dauerte es doch fast zwei Jahre bis die ABB ihren Chief Digital Officer eingestellt hatte. Immerhin sind in Europa schon 13 Prozent der Firmen einen CDO beschäftigen. Und laut Untersuchung der Strategieberatung Strategy&, die zur Unternehmensberatung PwC gehört, liegt Europa damit an der Spitze. Weltweit hätten nur sechs Prozent der Firmen einen Digitalvorstand, das erstaunt umso mehr, als dass die Beratungsunternehmung Gartner einst sagte, dass im Jahr 2015 ungefähr 25 % der Unternehmen die Stelle eines Chief Digital Officer besetzt haben – das war 2012.

Warum fehlten und fehlen die Chief Digital Officer?

Das Problem kann wohl bei zwei Bereichen ausgemacht werden: erstens, der Chief Digital Officer ist für die komplette Digitalisierung verantwortlich. Wenn er damit Erfolg hat, macht er sich selbst überflüssig, denn die Digitalisierung ist dann in allen Bereichen fest verankert. Ein Job mit Ablaufdatum also. Das andere Problem besteht darin, dass in bereits teil-digitalisierten Unternehmen in der Regel nur geringer Bedarf nach den speziellen Fähigkeiten eines CDOs besteht, da bereits wichtige Funktionen und Unternehmenseinheiten das Thema Digitalisierung täglich leben würden. Damit wird die Rolle eines Chief Digital Officers zu dem eines Change Managers, der den Wandel begleitet und Schwachstellen aufdeckt. Ein Job, mit dem man sich wohl nicht beliebt macht.

Ein Chief Digital Officer erarbeitet damit also digitale Strategien, wobei er oder sie immer alle Unternehmensprozesse im Auge behalten und laufend verbessern muss. Dies könnte z.B. eine einheitliche Plattform für Kundendaten und Kundenservices sein. Wenn Sie jetzt vielleicht denken, dass der CDO sich nicht gross von einem CIO eines Unternehmens unterscheidet, mögen Sie teilweise Recht haben. Denn ein CDO übernimmt Aufgaben, welche ein CIO nicht nebenbei erledigen könnte. Ein CIO kann aus der Informationstechnologie kommen muss aber nicht. Er oder sie sollten aber meistens eine hohe Fachausbildung mit Spezialisierung auf Digitale Technologien oder E-Commerce mitbringen. Der CDO identifiziert Zukunftsmärkte und hilft dem Unternehmen auch in den folgenden Jahren wettbewerbsfähig zu bleiben, indem es sich Gedanken macht über das Digitale Geschäftsmodell des Unternehmens und dieses auch laufend anpasst. Die Arbeitsgebiete eines CDO umfassen dementsprechend weite Teile des Unternehmens: die technische Infrastruktur, die Organisationsführung, die Unternehmenskultur und auch das Change Management

Das Profil eine Chief Digital Officers

Wie sieht ein typischer CDO-Kandidat aus? Er oder sie muss viel Verschiedenes mitbringen und so einiges tun können. Er kommt z.B. aus der Betriebs- oder Volkswirtschaft, dem Marketing oder aus der IT-Branche. Vor allem Praxiserfahrungen machen eine gute Figur. Einen einheitlichen Karriereweg können die amtierenden CDOs gemäss einer Umfrage der Financial Times nicht vorweisen: 34 Prozent kommen laut Studie aus dem Marketing, 17 Prozent aus dem Vertrieb, 14 Prozent aus der Technologieentwicklung und 13 Prozent aus der Beratung.

Was sicher ist: Ein CDO hat zahlreiche, belastbare und langjährige Erfahrungen in der digitalen Welt gesammelt.

Viele CDO haben zudem auch schon selbst digitale Produkte entwickelt. Ausserdem braucht er Führungsqualitäten und Überzeugungskraft. Eine Allrounderin mit Erfahrung in E-Commerce und mobilen Umfeldern, der zusätzlich IT-Kenntnisse besitzt, hat gute Karrierechancen. Natürlich gehört zu einem guten CDO auch der ständige Überblick über aktuelle digitale Trends. Somit arbeitet der CDO vor allem mit der Unternehmungsführung zusammen, aber auch mit der Abteilungsleitung hat er viel Kontakt. Kundenkontakt hat ein CDO hingegen fast gar nicht.

In einer Untersuchung der Unternehmensberatung Accenture haben über 100 Unternehmen bestätigt, dass die Digitalisierung disruptive also einschneidende Auswirkungen auf ihre Branche haben wird. Allerdings verfügten knapp 40 Prozent der Unternehmen über eine übergreifende digitale Strategie und meist konzentrieren sie sich auf Projekte, die interne Abläufe in der Verwaltung oder im Kundenservice verbessern und Kosten senken sollen. Weniger als 15 Prozent gaben an, dass dabei die Umsetzung neuer digitaler Geschäftsmodelle im Vordergrund steht. Auch im Umgang mit Kundendaten sind die Unternehmen noch zurückhaltend. Denn nur neun Prozent analysieren das Nutzungsverhalten ihrer Dienste in grossem Umfang der Rest teilweise oder gar nicht.

Was hat sich für die Chief Digital Officers verändert?

Die Chief Digital Officers helfen Führungskräften die fehlende digitale Kompetenz auszugleichen und sollten darum oft auch in der Geschäftsleitung oder im Stab ansässig sein, um die Vorschläge gut umsetzten zu können und handlungsfähig zu bleiben. Denn oft werden bestehende Strategien überdacht und neue ausprobiert, wofür sich der CDO z.T. überzeugend einsetzten muss. Eine CDO ist Strategin, Umsetzerin und treibt die digitale Transformation voran. Durch neue Produkte und Services können die Einnahmequellen für das Unternehmen gesteigert werden.

Er oder sie muss also das bestehende Geschäftsmodell um eine digitale Komponente erweitern oder idealerweise sogar neu ausrichten. Da alle Unternehmensbereiche von der Digitalisierung betroffen sind, muss er alle Mitarbeitenden auf seine digitale Reise mitnehmen und dafür begeistern können auch wenn das anfangs sicherlich nicht einfach und auch nicht transparent sein kann – denn keiner weiss wo die genaue Reise hingeht.

Zwar hat der CDO quantitative Argumente auf seiner Seite, denn er muss stets durch Datenanalyse in Echtzeit seine Ideen und Visionen stärken und untermauern, aber andereseits spielen doch viele emotionale Widerstände innerhalb bestehender Strukturen eine Rolle, welche sich oftmals schwer weg diskutieren lassen.

Was sicher ist: Grundsätzlich muss sich jedes Unternehmen mit der Digitalisierung beschäftigen. Um digitale Transformation durchführen zu können, braucht es Kompetenz und Handlungsspielraum.

Schicksal besiegelt – welcher Kopf rollt als nächstes?

Und damit ist auch schon das Schicksals des CDO besiegelt, denn ist die Unternehmung erstmal auf Kurs, sollte die erste Amtshandlung sein, den Change Agent, sprich Chief Digital Officer abzuschaffen. Ist die gesamte Organisation digital und agil, braucht es keine Koordination mehr und damit auch diese Rolle nicht.

Bleibt zu Fragen, was das nächste Köpfe rollen sein wird? Der oder die CEO? Schliesslich schaffen wir es in der Schweizer Landesregierung auch ohne ein wirkliches “Macht”-Oberhaupt und ernennen eine Person jeweils rein repräsentativ. Denn anders als der Bundespräsident in den Nachbarländern Österreich oder Deutschland ist der Schweizer Bundespräsident kein Staatsoberhaupt. Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft kennt weder ein Staatsoberhaupt noch einen Regierungschef. All diese Funktionen werden vom gesamten Bundesrat als Kollegium wahrgenommen.

Ist das nicht wegweisend für Fachverantwortliche und das Kollegialitätsprinzip das heute unter “agile” und “new workplace” daher kommt?