Über den Erfolg und Misserfolg im eCommerce

Erfolg im E-Commerce? Das ist machbar. Denn mit dem Aufbau eines eCommerce-Projektes oder konkret eines Online-Shops ist es wie mit dem Bau eines Hauses: Ein guter Plan vorab hilft Überraschungen vermeiden.
Die Analogie zum eCommerce kommt nicht von ungefähr: Oft starten Webseiten-Betreiber ins Abenteuer eCommerce wie ein Bauherr ohne Architekt. Das Resultat: Projekte verschleppen sich, werden sehr teuer und die angestrebte Rendite wird nicht erreicht. Nachfolgender Artikel mit Checklisten soll helfen, Frustrationen zu vermeiden. Er basiert auf den eigenen Erfahrungen in über einem Dutzend eCommerce-Projekte.
Eines ist vorab zu schicken: Ein eCommerce-Projekt und ein damit verbundener Onlineshop oder Marktplatz ist leider nie ganz fertig. Ähnlich wie bei einem Haus muss ab und zu an der Fassade gearbeitet werden. Man muss die Besucher neu abholen, Zahlungs- und Logistikprozesse anpassen und ist dabei einem stetigen Wandel durch neue, oft mobile Technologien unterworfen. Damit einher geht ein von Anfang an strukturierter Prozess, der sich konzeptionell mit der strategischen und operativen Umsetzung auseinandersetzt. Dabei muss sich ein Unternehmen fragen, welchen Stellenwert der eCommerce einnimmt? Ist die Plattform mein Hauptabsatzkanal oder einer von vielen? Es gilt: Der Kunde denkt nicht in Kanälen, nur in Firmen, Marken, Produkten – woher er diese bezieht, ist für ihn sekundär, gar intuitiv. Darum muss ein Shop zwingend integrierter Bestandteil einer umfassenden Onlinestrategie sein. Diese Strategiefragen umfassen:
Fragen zur Strategie des eCommerce Projektes

  • Wer leitet das Projekt? Ist diese Person mit genügend Fach-Knowhow ausgestattet (und wenn nein, wer kann die eCommerce-Kompetenz ergänzen?)
  • Welche vorhandenen Geschäftsprozesse und –Bereiche (damit verbunden auch immer Personen) sind involviert?
  • Welches Portfolio an Waren und Dienstleistungen wird angeboten?
  • Welche Kunden bzw. Zielgruppen werden adressiert und wie wird vorgegangen (z.B. B2B, B2C) und welchen Einfluss hat dies auf Sprache, Layout und Prozesse?
  • Soll der Shop national oder auch grenzüberschreitend (crossboarder) ausgerichtet sein?
  • Welche Funktionen soll der Shop beinhalten (z.B. Detailansicht bei Produkten, Warenkorb mit Wunschzettelfunktion, Gutscheincodes, registrierter Bereich für B2B Kunden)?
  • Welche Massnahmen sollen zur Verkaufsförderung eingesetzt werden?
  • Wie ist die Lagerhaltung organisiert (z.B. zentral oder dezentral)?
  • Sind Versand- und Retourenerfahrungen bereits vorhanden?
  • Welche Zahlungsmitteln sollen verwendet werden?
  • Wird ein (erweitertes) Risiko und Inkassomanagement nötig sein?
  • Wie messen wir Erfolg? (z.B. Umsatz, Konversionsrate, Neukundengewinnung)
  • Welche Meilensteine müssen wir erreichen? Gibt es einen point-of-no-return? Können und müssen wir das Projekt unter Umständen abbrechen, bevor es aus dem Ruder läuft?

Die Software ist nur Werkzeug
Leider wird in der Praxis gerne die Wahl der Software der Konzepterstellung vorgezogen. Eine Frage, welche man immer hört: Welche Software ist am besten? Welche bietet das beste Preis-Leistungs-Verhältnis? Wir geben jedoch zu bedenken: Eine Software ist immer nur ein Mittel zum Zweck. In den seltensten Fällen werden alle Anforderungen zu 100 Prozent von einer Standardsoftware abgedeckt. Dementsprechend ist es wichtig, sich für eine Lösung zu entscheiden, die so flexibel und erweiterbar ist. Es empfiehlt sich darum, aufgrund der gängig verwendeten Systeme einen Abgleich zu treffen:

  • Wollen und können wir die Software selbst hosten oder ist sie eine SAAS-Lösung?
  • Ist es eine OpenSource Software oder fallen (selbst indirekt) Lizenzkosten an?
  • Welche Anforderungen aus unserer Strategie werden abgedeckt?
  • Ist die Lösung problemlos erweiterbar und gibt es ausreichend Dienstleister für die Erweiterung oder Anpassung der Lösung?
  • Existieren Schnittstellen zu benötigten Systemen wie zum Beispiel Payment- oder Versanddienstleister?

Integration von Schnittstellen
Auch wenn viele Quellen das Kanaldenken immer noch fördern: Online ist kein weiterer Kanal, sondern gehört in den Gesamtmix von Kommunikations- und Absatzmitteln. Es ist darum wichtig, das sich alle Geschäftsprozesse konsequent auf den Onlinekanal und vor allem dessen Integration ausrichten. Dazu gehört auch die Synchronisierung von nachgelagerten Systemen, wie Customer Relationship Management (CRM), Paymentmodule (Postfinance, PayPal), sowie Logistik und Enterprise Resource Planning Tools (ERP). Vorab festzustellen sind also deren Standards und Schnittstellen für eine reibungslose (technische) Prozessintegration. Im Hinblick auf mobile Endgeräte müssen auch diese Anforderungen definiert werden und allenfalls in einer App integriert werden. Zu guter Letzt braucht es auch immer eine entsprechende Trackingsoftware, um zeitnah und fundiert Optimierungen vornehmen zu können um Erfolg zu haben.

  • Definition von Anforderungen an Performance, Erreichbarkeit und Skalierbarkeit
  • Einbindung vor- und nachgelagerter Systeme (z.B. CRM, Payment, Logistik). Hier nach Möglichkeit Verwendung standardisierter Schnittstellen
  • Sicherstellung der Darstellung für gängige Browservarianten und unbedingt Zugriff über mobile Endgeräte optimiert
  • Alternativ: App (nur wenn Mehrwert gegeben)
  • Analysesoftware, integriert oder via Anbindung

Vom Kick-off-Workshop zur Umsetzung
Sind alle Punkte definiert und ist man sich über Erfolg, Ziele, Komponenten, Schnittstellen und ergänzende Module und Integrationen im Klaren, geht es darum, die Anforderungen niederzuschreiben und daraus ableitend Pflichtenhefte und Projektpläne zu schreiben. Dabei ist es wichtig, dass man klare Projektziele definiert, welche an messbare Meilensteine gebunden sind. Eine Kostenplanung und Ressourcen-Zuteilung sind für ein speditives Gelingen absolut notwendig.

  • Aufgabenverteilung durch einen Projektverantwortlichen
  • Definition der Ansprechpartner intern, sowie externer Fachpersonen oder Agenturen
  • Festlegung von Meilensteinen
  • Zeitplanung und Überwachung einzelner Projektabschnitte
  • Definition von wichtigen operativen Prozessen (z.B. Zahlungsstörung, Retouren, Reklamationsmanagement, Kundenkommunikationen, etc.)

Was kostet nun ein Online-Shop?
Die abschliessende Frage mag erlaubt sein, obschon sie nur schwer zu beantworten ist. Will ein Unternehmen oder eine Person den Schritt in den elektronischen Handel wagen, sind Investitionskosten und laufende Kosten von grosser Wichtigkeit – schliesslich soll bewiesen werden, dass das eCommerce-Projekt auch einen Return on Investment garantiert. Diese Kosten sind erst dann zu beziffern, wenn alle Anforderungen definiert sind. In Analogie zum Haus: Je nach Grösse, Ausstattung und Nutzung kann ein Haus eher kostengünstig oder eher teuer werden. Aufgrund eigener Erfahrung jedoch kann man sich (grob) an nachfolgenden Werten orientieren:

  • Konzeption und Planung: 20 Prozent
  • Design (auch Designvorschläge): 20 Prozent
  • Installation und technische Umsetzung: 50 Prozent
  • Projektmanagement: 10 Prozent

Dabei nicht inklusive sind: das CI/CD, das Abfüllen des gesamten Shops inklusive Fotografie und Beschreibung, sowie die externen Kosten für Schnittstellen zu Zahlungssoftware und Modulen. Auch können einzelne Punkte je nach Projektziel schwanken. So ist ein B2B-Portal unter Umständen im Design nicht so anspruchsvoll, jedoch die technische Umsetzung von Kundenkonditionen, Rechtemanagement und Prozessabläufe sehr komplex. Auch bei einem Privatprojekt muss mit einem Minimalaufwand von 5 bis 8 Arbeitstagen gerechnet werden – auch wenn die Software kostenlos verfügbar ist und man auf Software-as-a-Service-Anbieter (SAAS) zurückgreifen kann, so sind der Setup und das Abfüllen immer noch zu tätigen. Der Aufwand für einen eher kleinen Shop, der über den privaten Gebrauch hinaus geht, hat einen Aufwand von rund 20 bis 30 Tagen.
In Bezug auf die Kosten heisst das: Der Stundensatz bei E-Commerce-Projekten liegt aktuell bei zirka 120 Franken. Einige Agenturen sind unter Umständen günstiger, andere kalkulieren mit bis zu 200 Franken. Für ein privates, kleines eCommerce-Projekt ist daher mit knapp 5000, bei einem KMU mit zirka 20 000 Franken zu rechnen – dies kann aber schnell bis 50 000 Franken betragen, wenn man den eigenen Aufwand unterschätzt.
Mit dem Setup des Online-Shops ist es jedoch noch nicht getan. Es braucht ein Budget für Betrieb und Wartung, für Support und Backup sowie Marketing. Betrieb und Wartung können 400 bis 600 Franken pro Monat kosten, der Support ist Stundenabhängig und beim Marketing sollte man zusätzlich monatlich mit einer mittleren bis hohen dreistellige Summe für die Investition in AdWords, Bannerwerbung (Displaymarketing) und Referral-Plattformen planen. Später kann dies zwischen 10 bis 25 Prozent des Umsatzes betragen. Damit kommen wir auf Initialkosten von bis zu 20 000 Franken sowie laufenden Jahreskosten von 5000 Franken. Wer sich dieser Kosten nicht bewusst ist und diese auch nicht finanzieren kann, sollte sich die Initialisierung gut überlegen.

Vor dem Projekt ist nach dem Projekt

Eine stringente, fundierte und umfangreiche Planung im Vorfeld, die Wahl der richtigen Lösung und des passenden Partners und das Verständnis dafür, dass ein eCommerce-Projekt stetigen Wandels unterliegt, kann helfen Frustrationen zu vermeiden. Auch ist ein eCommerce so vielschichtig wie der eigene Businessplans. Genau deshalb sollten angehende Shop-Inhaber sich im Vorfeld gut informieren und viel Wissen, Best-Practice und ein gutes Netzwerk aneignen. Hierzu gibt es zahlreiche Ausbildungen und Veranstaltungen in der Schweiz. Kundinnen und Kunden haben sich an einen Service-, und Kommunikationsstandard gewöhnt, hier kann man glänzen oder verlieren und die Erfahrung ist der einzige Gradmesser: Man lernt nie aus.